Warum es wirklich keine zweite Chance auf den ersten Eindruck gibt
Ob Entrepreneur, Promi oder Hochleistungssportler: Irgendwann kommt der Moment, wo sie sich alle mehr oder minder freiwillig den Fragen der Journalisten stellen.
Die ersten Statements von Medien-Newbies kommen oft unverhofft oder unerwartet (wenn z.B. Paparazzi den täglichen Weg blockieren oder man ganz unerwartet Weltmeister geworden ist), haften aber in Zeiten des Internets besonders hartnäckig. Begleitet von der Neugier der Journalisten und deren Wunsch (oft auch Pflicht), nichts verpassen zu können/dürfen. Wer weiß, vielleicht erlebt man hier sogar den Anfang einer großen Legende mit?
Genauso wichtig: erste Interviews/ Statements werden häufig als Referenz für künftige herangezogen (viel mehr gibt es ja noch nicht). Sie dienen Redakteuren als Benchmark: kann man sie oder ihn wieder mal befragen? Zu welchen Themen und in welcher Rolle?
Vier Beispiele von medialen Premieren, von denen es unzählige gibt – von geglückt bis gescheitert:
Die kanadische Tennisspielerin Eugenie Bouchard erlebt mit 17 ihren ersten Medienhype. Toller Return, tolle Beine, die Presse ist voll des Lobes. Sie selbst sagt damals von sich: “I’m expecting great things from me”. Dann verweigert sie nach einer Niederlage der Konkurrentin den Handschlag. In der darauf folgenden Pressekonferenz pampft sie den Journalisten, der dazu eine Frage stellt, an: “Ich bin nur hier um zu gewinnen.” Als die Karriere danach nicht mehr so steil nach oben geht, berichtet die Presse auch darüber. Fast jeder Artikel verweist auf jene Äußerung auf der Pressekonferenz in 2013. Einfacher wird es für die junge Kanadierin nicht, mit diesem angekratzten Image Grand Slam Turniere zu gewinnen. Kein Wunder, dass die Kameras bei den US Open Anfang September auf sie gerichtet sein werden.
Brustschwimm-Superstar Ruta Meilutite ist 15, als sie in London unerwartet Doppel-Olympiasiegerin wird. Nass, außer Atem und im Bade-Anzug erwartet der Rest der Welt von ihr Begeisterung. Für die in sich gekehrte Litauerin ein Desaster. Erst seit sie im britischen Plymouth trainiert, wird sie auch medientechnisch betreut und ihr ernsthaftes Wesen kann in der Kamera wirken. Wovon sich bei Weltmeisterschaften diesen Sommer in Kasan der Rest der Welt überzeugen konnte.
Jazmin Grimaldi ist 18, als die Öffentlichkeit erfährt, dass sie die uneheliche Tochter von Albert von Monaco ist. Nach dem Outing herrscht zwei Jahre mediale Stille. Erst diesen Sommer, nach ordentlicher Vorbereitung, gibt es ein gut gedachtes und gemachtes Interview (glamouröse Fotostrecke inklusive) bei Harpers Bazaar.
VLogger Florian Mund (alias Le Floid) ist bei der deutschen Youtube-Generation Kult. Deshalb soll er die Kanzlerin interviewen, was so mittelmäßig gelinkt. ei seinem ersten Zusammentreffen mit dem klassischen Medium TV bei Markus Lanz Mitte August sieht er sich mit Kritik zu seiner Merkel-Befragung konfrontiert und wirkt dabei eher blässlich und wenig souverän. Bei ihm ganz besonders ärgerlich, weil jetzt bei der klassischen TV-Generation der Eindruck entsteht, das diese jungen Formate nicht ernst zu nehmen sind.
Wie klappt es mit dem ersten Statement oder großen Interview? Vor allem, wenn mit diesem ersten Eindruck die Richtung für eine weitere mediale Rezeption gelegt wird. Zu Beginn kommt es auf einfache Dinge an: Wie gelingt Sympathie vor der Kamera? Wie gestalte ich meine Botschaft kongruent?
Fazit:
Medien-Training hilft vorausschauend zu denken. Weil eben nicht nur der erste Aufschlag zählt, sondern der Match-Gewinn. Vorbereitung ist hier einmal mehr die Mutter der-Botschaft-Porzellankiste… Falsch gesetzt, gibt es oft später einen Scherbenhaufen… Im Vergleich zu den Kosten und Mühen, die PR-Abteilungen nach einem image-schädigenden Interview zu unternehmen haben, sind ein oder zwei Medien-Trainingstage eine sinnvolle Investition. Unternehmen und Sportverbände sollten früh dafür sorgen, das Medientraining immanenter Teil der Nachwuchs-Förderung ist. Im Sport-Bereich ist das besonders einfach umzusetzen: schließlich ist Medientraining auch ein Training (nur in einer anderen Disziplin). Deshalb hofft der BMTD, dass der DOSB in Vorbereitung auf Rio2016 ernsthaft über ein vorbereitendes Medientraining für die Olympia-Delegation nachdenkt.
Sind die Umstände bei einem Zeitungs-Interview noch halbwegs beeinflussbar, werden ausnahmslos alle Interview-Neulinge spätestens dann nervös, wenn es ins Studio geht: Maske, Licht, Kamera-Loch, Moderator & Mikrofon… Wer die „großen Unbekannten“ in einem Training schon angetestet hat, wird es leichter haben, wenn es ernst wird. Die Labor-Situation des Trainings ist gut geeignet heraus zu finden, in wie weit die eigene Botschaft schon tragfähig und öffentlichkeitsrelevant ist. Wie es sich anfühlt, vor verschiedenem Publikum zu sprechen. Auch der Umgang mit Angst und der Unsicherheit vor den äußeren Umständen einem vor dem „ersten Mal“ mit wenig Trainings-Aufwand genommen werden. Damit wird ein positiver „Primär-Imprint“ (der Vermittlung des Gefühls von „ach so geht das“, „gar nicht so schlimm“) erreicht. Gelingt das gut, ist der Weg geebnet für positive Assoziationen für den zukünftigen Umgang mit Medien. Damit die jungen Stars Stück für Stück Interview- und Kamerapersönlichkeit entwickeln. Und Journalisten sie beim nächsten Mal gern wieder zum Interview anfragen und vor die Kamera holen. Gerade bei Themen, die nicht dringend oder topaktuell sind.